Tim Zulauf
La porte portable
In der vielschichtigen Arbeit, die er für das Festival Dreamcity in Tunis kreiert hat, beleuchtet Tim Zulauf die diffizile und widersprüchliche Situation im postrevolutionären Tunesien. Dabei hinterfragt er die Rolle des Schweizer Migrationsabkommens mit Tunesien. Ausgangspunkt des Stücks ist ein futuristisches Szenario: Drei SchauspielerInnen aus Tunesien und der Schweiz blicken aus 250 Jahren Distanz zurück. Ihre Biografien, ihre Rollen als Bibliothekarin, Putzfrau und Schmied und die mythischen Science-Fiction-Figuren, die sie verkörpern, ergeben im Zusammenspiel mit Videoeinblendungen und dem Setting in einer öffentlichen Bibliothek ein dichtes Labyrinth von Fakten und Impressionen, über dem die bange Frage nach der Gegenwart und der Zukunft Tunesiens schwebt. (esc)
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Wenn es in der Schweiz einen Bühnenkünstler gibt, der die Transdisziplinarität nicht nur als angesagtes Label vor sich herträgt, sondern das Zusammenwirken verschiedener künstlerischer Disziplinen mit grosser Konsequenz, Kreativität und einem kritischen Blick auf die Realität umsetzt, ist das Tim Zulauf. Seine meist ortspezifisch entwickelten Arbeiten sind mehr als genreübergreifende Performances: Er setzt die Ausdrucksmittel verschiedener künstlerischer Disziplinen – Schauspiel, Videoaufnahmen, Skulptur, Raum, Bewegung, Musik und Sprache – so ein, dass sie sich überlagern, gegeneinander verschieben, sich dabei formal und inhaltlich in Frage stellen und so über sich hinausweisen. Im einen Moment ergänzen sie sich harmonisch, um sich im nächsten Moment hintersinnig zu unterlaufen und das eben Erzählte als Trugbild auszuweisen. Oft als Loops angelegt, verschieben sich in Zulaufs Arbeiten Zeiten, Perspektiven, Rollen und Handlungsorte zu einem vielschichtigen, verschachtelten Erzählstrom, der die hochkomplexe Realität, in der wir leben, reflektiert. Als «gleichermassen unterhaltsame wie faszinierende Inszenierungen» bezeichnete sie das «Kunstbulletin».
Am Theater Spektakel zeigt Tim Zulauf die Adaption einer Inszenierung, die er vergangenen Herbst in dem als Bibliothek genutzten Mausoleum von Sidi Medien in Tunis kreiert hat und in der er die höchst komplexe und verworrene Situation im postrevolutionären Tunesien untersucht. Dreh- und Angelpunkt für die Erzählstränge von «La porte portable» war die Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen, welche die Beziehungen zwischen der Schweiz und Tunesien in der jüngeren Vergangenheit bestimmten. Zum Beispiel die Migrationspartnerschaft, welche die Schweiz 2012 mit Tunesien im Anschluss an die Revolution abgeschlossen hat. Sie regelt die Zusammenarbeit im Migrationsbereich, erlaubt etwa die fraglose Rückführung von Sans-Papiers, wofür sich die Schweiz mit dem Export ihres erfolgreichen dualen Berufsbildungssystems revanchiert. Die sechzig Millionen Franken «Potentatengelder» des Ben-Ali-Clans, die immer noch in der Schweiz lagern, gehören ebenso dazu wie das Bild, das hierzulande von Flüchtlingen aus dem Maghreb verbreitet wird.
In «La porte portable» versetzt Zulauf vier SchauspielerInnen aus Tunesien und der Schweiz in ein futuristisches Szenario und lässt sie aus 250 Jahren Distanz auf das Land am Mittelmeer zurückblicken. Ihre realen Biografien, ihre vorgesehenen Rollen als Bibliothekarin, Putzfrau, Schmied und Autorin und die mythischen Science-Fiction-Figuren, die sie verkörpern, ergeben im Zusammenspiel mit Videoeinblendungen von konkreten Ereignissen und dem ortsspezifischen Setting ein dichtes Labyrinth von Fakten und Impressionen, über dem die ungeklärte Frage nach der Gegenwart und der Zukunft Tunesiens schwebt. (esc)
Künstlerische Leitung und Besetzung
Text, Inszenierung, Video | Tim Zulauf
Schauspiel | Vera Bommer, Abdelmonaâm Chouayet, Cathrin Störmer (Simultanübersetzung, Figur der Autorin), Najoua Zouhair
Produktionsleitung | Gastspiel Lukas Piccolin
Raum | Monika Schori
Licht | Michael Omlin
Kostüme | Amel Esseghir
Assistenz Zürich | Sarah E. Müller
Produktionsassistenz | Tunis Fedi Bellakhel, Nour Mnakbi
Übersetzung Deutsch-Französisch | Dr. Claudia von Wilcken
Übersetzung Französisch-Tunesisch | Abdelmonaâm Chouayet, Najoua Zouhair
Recherchen in der Schweiz | Dalila Ghodbane
Produktion
Koproduktion | Tunis Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Association L’Art Rue Tunis, Schweizer Botschaft Tunis
Koproduktion | Zürcher Adaption Zürcher Theater Spektakel
Unterstützung Zürcher Adaption | Stadt Zürich Kultur, Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia
Uraufführung | Biennale Dream City – Art et lien social Tunis, November 2015
Foto | Nizar Dhib
Theater-Video-Performance
Europa-Premiere, Koproduktion
Dauer
1:15 Std., Eintritt jederzeit möglich
Sprache
Arabisch und Französisch, Simultanübersetzung ins Deutsche
Ein inklusiver Anlass
Links
Website Tim ZulaufInterview mit Tim Zulauf über "La porte portable" (Dreamcity, 2015 auf Französisch)
Vorstellungen
Vorstellungen ab heute- Do 25.08. 19:00 - 20:15 CHF 15.-
- Do 25.08. 20:15 - 21:30 CHF 15.-
- Do 25.08. 21:30 - 22:45 CHF 15.-
- Fr 26.08. 19:00 - 20:15 CHF 15.-
- Fr 26.08. 20:15 - 21:30 CHF 15.-
- Fr 26.08. 21:30 - 22:45 CHF 15.-
- Sa 27.08. 19:00 - 20:15 CHF 15.-
- Sa 27.08. 20:15 - 21:30 CHF 15.-
- Sa 27.08. 21:30 - 22:45 CHF 15.-
- So 28.08. 17:45 - 19:00 CHF 15.-
- So 28.08. 19:00 - 20:15 CHF 15.-
- So 28.08. 20:15 - 21:30 CHF 15.-
- Mo 29.08. 19:00 - 20:15 CHF 15.-
- Mo 29.08. 20:15 - 21:30 CHF 15.-
- Mo 29.08. 21:30 - 22:45 CHF 15.-